Allgemein

Wie Legalisieren? Was macht Bremen? Diskussion mit Justizsenator Steffen u.a.

30. Juni 2016

Montag 04.07.2016 – Einlass 18:30h | Große Freiheit 36 | Eintritt frei

Diskussion mit Justizsenator Dr. Till Steffen (Grüne), Prof. Lorenz Böllinger, Stephanie Dehne (SPD) und Georg Wurth (DHV)

Wie Legalisieren?

Wir wollen nicht mehr das Ob diskutieren, sondern das Wie einer Cannabis-Legalisierung und was bis dahin auf Landesebene für eine Liberalisierung getan werden kann. Bremens rot-grüne Landesregierung hat genau das, was der CSC-HH von der Hamburger rot-grünen Landesregierung fordert, nun angekündigt: Alles auf Landesebene mögliche für eine Liberalisierung zu tun und sich gleichzeitig auf Bundesebene für eine Legalisierung einzusetzen.

Was genau auf welchem Weg umgesetzt werden soll, werden uns Stephanie Dehne, die gesundheitspolitische Sprecherin der Bremer SPD-Fraktion und Prof. Lorenz Böllinger, der nicht nur die Resolution der 122 Strafrechtsprofessoren verfasst hat und Gründungsmitglied von LEAP ist, sondern auch die Bremer Gesetzesinitiative mit erarbeitet hat, erläutern. Vom grünen Hamburger Justizsenator Dr. Till Steffen erfahren wir, ob die Bremer Ideen auch ein Vorbild für Hamburg sein können und was er in Hamburg für möglich hält. Georg Wurth wird die Positionen des Cannabis Social Club Hamburg e.V. aus Sicht des Deutschen Hanfverbandes, der deutschen Interessenvertretung von Cannabisnutzern, Cannabisgewerbe und -industrie, ergänzen.

Teilnehmer:

Dr. Till Steffen (Grüne), Justizsenator Hamburg
Georg Wurth, Deutscher Hanfverband
Stephanie Dehne (SPD), Mitglied der Bremer Bürgerschaft,
Prof. Lorenz Böllinger, Uni Bremen, Bremer Institut für Drogenforschung, Initiator der Resolution der Strafrechtsprofessoren, Schildower Kreis, Gründungsmitglied LEAP

Moderation:
Andreas Gerhold, Cannabis Social Club Hamburg e.V.

Andreas Gerhold, Vorsitzender des Cannabis Social Club Hamburg e.V.:
„Nachdem die Hoffnungen vieler Länder, Städte und Kommunen auf modellhafte Cannabisabgabestellen durch den Kreuzberger Vorstoß, nach der Ablehnung des BfArM zumindest vorerst begraben werden müssen, macht das rot-grüne Bremen nun einen neuen Anlauf auf Länderebene und sucht dafür Partner. Wir wollen erfahren und diskutieren, was Bremen plant. Unser Ziel ist es, die weniger aufgeschlossene Hamburger SPD zum Umdenken zu bewegen, sodass Hamburg Teil einer Koalition der Vernunft werden könnte.

Ich freue mich, dass es dem CSC-HH gelungen ist, ein so kompetentes Podium mit solch renommierten Teilnehmern zu organisieren. Wir hoffen nicht nur einen konstruktiven Beitrag zur notwendigen Diskussion über den gesellschaftlichen Umgang mit Drogen und Drogenkonsum zu leisten, sondern auch konkrete Anstöße für die Hamburger und die Bundespolitik geben zu können.“

Unsere Positionen & Forderungen

Das Konzept der Repression, des Kriegs gegen Drogen, der auch in Hamburg geführt wird, ist seit Jahrzehnten gescheitert. Viele Beispiele belegen das:

Beispiel Florapark: Seit Jahren versucht die Polizei, die Händlerszene im Florapark aufzulösen. So gab es monatelange Schwerpunkteinsätze mit täglich bis zu drei Razzien im Florapark. In Folge dessen verteilte sich die Händlerszene auf den gesamten Stadtteil Sternschanze. Daraufhin erklärte die Polizei den gesamten Stadtteil zum sogenannten „Gefahrengebiet“ mit grundrechts-einschränkenden Maßnahmen für alle Anwohner und Besucher. Dadurch wanderten die Dealer nach St.Pauli ab, aber so mancher Bürger mit dunkler Hautfarbe traute sich wegen ständiger Polizei-kontrollen und Durchsuchungen kaum noch in den Stadtteil. Heute sind die Dealer zurück, trotz anhaltender massiver, mehr oder weniger verdeckter, Polizeipräsenz. Das ist sinnlose Vertreibung von einem Ort an den nächsten und zurück. Erfolg: Null!

Beispiel Hafentreppe: An der Hafentreppe besteht seit Jahrzehnten eine Händlerszene. Trotz genauso lang stattfindender größerer und kleiner polizeilicher Maßnahmen, wobei sogar bis in private Räume vorgedrungen wird, ist es bis heute nicht gelungen die Szene aufzulösen. Obwohl sich aus der unmittelbaren Nachbarschaft zu einer Schule eine besondere Dringlichkeit ergibt, konnten polizeiliche Maßnahmen keine Abhilfe schaffen. Erfolg: Null!

Beispiel St.Georg: Am Hauptbahnhof und dem angrenzenden Wohnstadtteil St.Georg gab es in den 1990er Jahren ein massives Problem mit Drogenkonsum und Handel. Dabei ging es vor allem um Heroin, das auf Schulhöfen, Kinderspielplätzen, öffentlichen Toiletten und in Hauseingängen konsumiert wurde. Neben dem öffentlichen Konsum hatten die Anwohner besonders unter den allgegenwärtigen zurückgelassenen Utensilien, wie gebrauchten Spritzen zu leiden. Selbst härteste Repressionsmaßnahmen wie Brechmitteleinsätze, bei denen sogar ein Mensch zu Tode kam, konnten keine Verbesserung herbeiführen. Erst akzeptierende Maßnahmen, wie ein Abfallbehälter für gebrauchte Spritzen und schließlich der Drogenkonsumraum Drob-Inn, brachten endlich Entspannung.

Doch weder die Politik und erst Recht nicht die Polizei haben Konzepte. Drogenpolitik findet, abseits von Repression, in Hamburg nicht statt.


Wir wollen nicht mehr das Ob diskutieren, sondern das Wie einer Legalisierung und was bis dahin auf Landesebene für eine Liberalisierung getan werden kann. Wir fordern von der Bundesregierung und von der Hamburger Landesregierung eine Abkehr von der gescheiterten Prohibition und des Kriegs gegen Drogen:


– Legalisierung jetzt!

Hamburg soll gemeinsam mit Bremen eine Bundesratsinitiative zur Änderung des Betäubungsmittelgesetzes einleiten und bis dahin alles auf Landesebene mögliche veranlassen, um Konsumenten zu schützen:

– Anhebung der sogenannten geringen Menge
Hamburg soll, bis zu einer Reform des Betäubungsmittelgesetzes auf Bundesebene, die straffreie Menge zum Eigenbedarf von derzeit 6g deutlich erhöhen und sich auf dieser Basis für eine bundeseinheitliche Regelung einsetzen. Auch straffreie Mengen für andere Drogen halten wir für sinnvoll.

– Keine Verfolgung von Konsumenten
Auch wenn der Konsum selbst gar nicht strafbar ist, sind Konsumenten immer noch das Hauptziel von Polizei und Justiz. Die Verfolgung von Drogenkriminalität, insbesondere von Cannabisdelikten im Bereich von Konsumenten und Kleinhandel, bindet nicht nur unnötig Ressourcen, die bei der Verfolgung anderer Straftaten in der organisierten Kriminalität in den Bereichen Menschenhandel und Wirtschaftskriminalität fehlen, sie zerstört auch Existenzen von Menschen, die niemandem Schaden zugefügt haben.

– Keine Verfolgung von Eigenanbau
Menschen, die ihr Cannabis zum Eigengebrauch selbst anbauen, schwächen nicht nur den illegalen Markt, sie schützen sich auch selbst vor den Folgen der Illegalität, ihre Gesundheit, sowie die Gesellschaft vor unnötigen Gesundheitskosten durch Streckmittel. Da bei Anbau aber die sogenannte „geringe Menge“, die straffrei bleiben kann, regelmäßig überschritten wird, werden Eigenanbauer oft wegen Handels, der gar nicht vorliegt, zu Gefängnisstrafen verurteilt. Das muss aufhören!

– Ausbau von Drogenkonsumräumen und Drugchecking
Für Konsumenten sogenannter harter Drogen gibt es in Hamburg Drogenkonsumräume, in denen unter hygienischen Bedingungen und medizinischer Aufsicht konsumiert werden kann. Dieser aktive Verbraucherschutz muss aber auskömmlich finanziert werden. Es fehlen immer noch Möglichkeiten illegalisierte Substanzen auf Wirkstoffgehalt und unerwünschte, meist gefährliche, Nebenstoffe testen zu lassen. Wir fordern den Ausbau von Drogenkonsumräumen – ausgerechnet auf St.Pauli gibt es gar keinen mehr – und die Einführung von Möglichkeiten zum Drogentest. Beides auch für Cannabiskonsumenten.

– Drogenprävention an Schulen
Drogenprävention ist, erst Recht unter den derzeitigen unregulierten Bedingungen und nicht erst mit einer Liberalisierung der Drogengesetzgebung, lebenswichtig. Deshalb gehört eine moderne, ehrliche und auf Gefahrenreduzierung ausgerichtete Drogenprävention regelhaft in den Schulunterricht. Stattdessen ist Drogenprävention an Hamburger Schulen so gut wie nicht existent, das Thema fristet ein Nischendasein als Teil von Projektwochen. Die wenigsten Schulen verfügen über ausreichend Lehrkräfte mit entsprechender Fortbildung, ohne die es nicht einmal die nötigen Unterrichtsmaterialien gibt. Während erfolgreiche Präventionskampagnen, die sich an Jugendliche zum Thema Alkohol wenden, wie „Kenn‘ dein Limit“ auf Mäßigung, späten Einstieg und einen informierten, vernünftigen und damit Gefahren reduzierenden Umgang setzen, ist dieser Ansatz für Cannabis und andere illegalisierte, und trotzdem auch unter Jugendlichen verbreiteten Drogen, immer noch tabu.

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Author

Andreas Gerhold

Comments (4)

  • Juli 4, 2016 by Ralf Hoyer

    Ralf Hoyer

    Wäre gern dabei, es MUß sich grundsätzlich was ändern, vor allem eine/n KOMPETENTE/N drogenbeauftragten und keine Regierungsmarionette a la Mortler- große Klappe, KEINE Ahnung-.
    Habe den Termin leider zu spät entdeckt, ging von Mittwoch aus..
    VIEL ERFOLG!!!

  • Juli 5, 2016 by Maik

    Maik

    Moin!

    Gute Diskussion gestern!! Habt ihr sie auch aufgenommen?

    Gruß!

    • Juli 12, 2016 by A. H.

      A. H.

      Jupp, leider nur etwas Video, der Rest Fotos mit der kompletten Audiospur der Veranstaltung.

    Pingback: Cannabis Social Club Hamburg – Wie Legalisieren? – Regulierung beginnt auf Landesebene

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