Verbände nehmen Stellung zum Referenetenentwurf des CanG
Anfang des Monats, am 05.07. wurde vom Bundesgesundheitsministerium für Gesundheit (BMG) ein 163 Seiten umfassender Referentenentwurf für ein Cannabisgesetz vorgelegt und befindet sich nun in der Länder- und Verbändeanhörung. Die Verbände sind aufgefordert Stellungnahmen abzugeben und hatten bis heute, zum 24.07., also drei Wochen Zeit dafür.
Viele der bisher schon beteiligten Verbände werden in den nächsten Tagen ihre eingereichten Stellungnahmen veröffentlichen. Darunter auch unsere Freunde von Deutschen Hanfverband, LEAP, Akzept, Schildower Kreis und weiteren, von denen wir uns Rückenwind für unsere Kritik und unsere Anliegen erwarten. Wir werden diese und weitere Stellungnahmen unter dem Beitrag verlinken und laufend ergänzen.
Auch Cannabis Social Clubs nehmen zahlreich Stellung
Aus Kreisen der bestehenden und in Gründung befindlichen Cannabis Social Clubs wurden gleich drei Stellungnahmen und ein komplett neues Gesetz, ein „AltCanG“, ein alternatives Cannabisgesetz, eingereicht (Links unten im Beitrag).
Das zeigt, dass wir als Gemeinschaft der CSC noch sehr in der Findungs- und Selbstorganisationsphase befinden. Das ist angesichts der kurzen Zeit in der sich eine so große Zahl an neuen Vereinen gerade gründet, weder verwunderlich noch negativ zu bewerten, auch wenn viele es sich anders wünschen. Dennoch zeigt diese Aktivität wie dinglich die Betroffenen in den Gesetzgebungsprozess einebzogen werden wollen und müssen. In diesem Sinne begrüßen wir jede aus CSC Kreisen eingereichte Stellungnahme, zwischen denen auch keine wesentlichen inhaltlichen Differenzen auszumachen sind.
Auch der Cannabis Social Club Hamburg war aktiv an der Erarbeitung einer Stellungnahme beteiligt. Wir haben unsere Kritik Kapitel für Kapitel zusammengefasst und anschließend Paragraf für Paragraf ausgeführt und dabei oft auf Widersprüche zu den Zielen des Gesetzes hingewiesen, um dann einen Lösungsvorschlag zu formulieren. Wichtiger als auf Grundsatzpositionen, wie wir weiterhin vertreteten, war es uns, auf Grundlage des Entwurfs konstruktive Kompromissvorschläge für praktikable Lösungen zu machen.
An den meisten Stellen teilen wir die Ziele des Gesetzgebers, halten aber die Mittel die eingesetzt werden sollen für ungeeignet oder sogar kontraproduktiv und hinderlich um die Ziele zu erreichen. Uns war es aber auch wichtig, dass die Kritik auch Zustimmung benennt. Stellungnahme zum Referentenentwurf des CanG Netzwerk CSC
Wir sind Social Clubs!
Der detaillierten Kritik und Lösungsvorschlägen mussten wir allerdings eine grundsätzlichde Kritik an einem Kernproblem dieses Entwurfs und seiner Vorgänger in einer Vorbemerkung voranstellen:
„Wir sind Cannabis Social Clubs
Das Konzept des gemeinschaftlichen Cannabisanbaus durch Konsumenten für den Eigenbedarf in Vereinen besteht in Europa seit Anfang der zweitausender Jahre. Seit 2015 gibt es in Deutschland eingetragene Vereine die als Cannabis Social Clubs dieses Konzept verfolgen, gemeinsam mit der europäischen Bürgerrechtsorganisation European Coalition for Just and Effective Drug Policies (ENCOD) weiterentwickeln und politisch propagieren.
Im August 2022 haben wir anlässlich der Hanfparade als Netzwerk deutscher Cannabis Social Clubs ein gemeinsames Positionspapier mit den Eckpunkten unserer Forderungen an eine Entkriminalisierung und anschließende Legalisierung von Cannabis der Politik übergeben und veröffentlicht. Wir wollen hier nicht einfach unsere grundsätzlichen Positionen – zu denen wir weiterhin stehen – wiederholen, sondern auf Grundlage des vorliegenden Entwurfs Kompromisse vorschlagen. Insbesondere wollen wir darlegen, an welchen Stellen der vorliegende Entwurf aus unserer Sicht kontraproduktiv ist und die formulierten Ziele des Gesetzes be- oder gar verhindern würde und konkrete, konstruktive Lösungsvorschläge unterbreiten.
Cannabis Social Clubs vs Anbaugemeinschaften
Allem voranstellen müssen wir eine grundsätzliche Kritik stellen, die sich an verschiedenen Punkten unserer Stellungnahme widerspiegelt: Eine Reduzierung von Cannabis Social Clubs auf reine Anbaugemeinschaften, denen alle anderen Aktivitäten als die Cannabisproduktion und Abgabe unter strengsten Bedingungen, insbesondere jegliches soziale Engagement verboten sein soll, widerspricht nicht nur elementar unserem Selbstverständnis als soziale Gemeinschaft, sondern konterkariert die Ziele der Bundesregierung mit diesem Gesetz und wird den erwünschten Ersatz eines gefährlichen Schwarzmarktes durch legale Strukturen erheblich einschränken.
Das „S“ in CSC steht nicht für Spaß, sondern für Social
Das S in CSC steht für Social. Nicht allein und nicht mal in erster Linie für gemeinsamen Konsum. Die langjährig bestehenden Cannabis Social Clubs bieten seit Gründung 2015/16 (mit ihren Vorläufern seit ca. 2010) ein breites Informations-, Schulungs- und Beratungsangebot für Mitglieder und verschiedene externe Zielgruppen. Dazu gehören z.B. die Patientenberatung, Beratungsangebote für Angehörige, Eltern und Lehrer, Gesundheits- und Konsumberatung und mehr. Das soziale Angebot umfasst das gesamte explizite Vereinsziel “Aufklärung, Jugendschutz und Prävention”. Wir lassen uns dazu, z.B. von Schulen zu entsprechenden Veranstaltungen einladen und organisieren eigene Veranstaltungen, oft in Kooperation z.B. mit Vereinen aus der Drogen- und Suchthilfe. Die Kooperation mit Organisationen der Drogen- und Suchthilfe verläuft dabei auf Augenhöhe, sodass diese Vereine auch von unseren Kompetenzen profitieren können.
Und selbst das ebenfalls explizite Vereinsziel „Socialising“, in dem Spaß explizit erwähnt wird, dient eben nicht nur dem gemeinsamen Konsum, sondern soll durch Einbindung der Mitglieder in eine Gemeinschaft auch problematischem, oft isoliertem Konsum vorbeugen.
Aus unserer Sicht ist diese Konstruktion von reinen Anbaugemeinschaften statt sozialen Gemeinschaften, die ihren Eigenbedarf an Cannabis gemeinsam anbauen ein Kernfehler der bisher vorliegenden Entwürfe. Auch wenn wir im Folgendenvon Anbaugemeinschaften sprechen, meinen wir immer echte Cannabis Social Clubs.“
Fazit
Unsere Kritik fassen wir in einem Absatz folgend zusammen:
„Unter den in diesem Entwurf formulierten Bedingungen wären wir als lange bestehende Vereine nicht in der Lage und bereit Anbaulizenzen zu beantragen und würden allgemein davon abraten ein solches rechtliches, als auch finanzielles Risiko einzugehen. Wir befürchten, dass an der sich hier zeigenden Überregulierung, ähnlich wie in Malta, das gesamte Projekt der Entkriminalisierung scheitern könnte.
Mit der folgenden Stellungnahme wollen wir als Netzwerk bestehender deutscher Cannabis Social Clubs einen Beitrag zu einer zeitgemäßen Drogen- und Suchtpolitik leisten, die auch den Bedürfnissen von Cannabis Social Clubs und Cannabisnutzer*innen gerecht wird.“
„Gegenüber dem Entwurf des BMG aus April diesen Jahres , der am 09.05.2023 öffentlich wurde, zeigt der aktuelle Referentenentwurf Verbesserungen entsprechend unserer Kritik. Andere, von uns ebenfalls als kontraproduktiv kritisierte Regelungen wurden aber sogar noch verschärft und produzieren neue Widersprüche zu den Zielen der Bundesregierung.
Noch immer ist das Gesetz vom Geist der Prohibition geprägt. Ein Paradigmenwechsel hin zu einer wissenschafts- und vernunftorientierten Drogenpolitik und zielorientierten Regulierung von Cannabis ist leider nur in Ansätzen zu erkennen.“
Jetzt dran bleiben
Und nun ist wieder die Zeit des Wartens, bis wenigstens nach der Sommerpause angesagt. Warten was die Politik daraus macht – wir haben jedenfalls unsere Hausaufgaben erledigt!
Die Zeit müssen wir aber nutzen verstärkt unsere Kritik und unsere Lösungsvorschläge in die Öffentlichkeit zu tragen und ihnen Nachdruck zu verleihen. Wir haben genug zusammengetragen.
Übersicht Stellungnahmen:
CSC:
Stellungnahme zum Referentenentwurf des CanG – Netzwerk CSC
Stellungnahme zum Referentenentwurf – Green Social Club
Stellungnahme zum Referentenentwurf des CanG – Gründungscommunity
AltCanG aus dem CSCD
Befreundete Verbände:
Stellungnahme CanG – Deutscher Hanfverband (DHV)
Stellunnahme CanG – Arbeitsgemeinschaft Cannabis Medizin (ACM)
Weitere Stellungnahmen:
Stellungnahme (V2) CanG – CannaBund
Stellungnahme CanG – Apothekerverband (ABDA)
Stellungnahme CanG – Verbände aus Kinder- & Jugendpsychiatrie
Stellungnahme CanG -Kinderschutzbund
Stellungnahme CanG – Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) Stellungnahme CanG – Deutsche Ärztekammer
Links zu weiteren Stellungnahmen werden laufend nachgetragen.